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Duschl Ingenieure – Vortragsreihe – Nachbericht

Den Atomen auf der Spur

Referent: Prof. Dr. Franz J. Gießibl (www.uni-regensburg.de)


Foto v.l.n.r. Andreas Duschl, Prof. Dr. Franz J. Gießibl, Gerhard Duschl

Spisensitive Rasterkraftmikroskopie

Artikel für Blick in die Forschung

Autor: Franz J. Gießibl

Stand: 24. Januar 2014

In diesem Teilprojekt wird die Orientierung einzelner Spins mit Hilfe eines Rasterkraftmikroskops direkt gemessen. Rasterkraftmikroskope tasten Oberflächen mit im Idealfall atomarer Auflösung ab. Dazu muss man zunächst in der Lage sein, atomar saubere Oberflächen herzustellen. Oberflächen an Umgebungsluft sind stets von einem Adsorbatfilm bedeckt. Dieser Film kann alle Luftbestandteile, Staubteilchen, Kohlenwasserstoffe usw. enthalten. Wenn man etwa einen Kochsalzkristall mit einer Rasierklinge in zwei Hälften spaltet, dauert es nur etwa eine Milliardstel Sekunde (also eine Nanosekunde), bis die im Moment des Spaltens sauberen Oberflächen eine Atomlage „Schmutz“ aufweisen. Eine Ultrahochvakuumkammer wie in Abbildung 1 gezeigt erlaubt es, Oberflächen für lange Zeiten sauber zu halten. In unserer Atmosphäre beträgt die Dichte der Gasteilchen etwa ein Tausendstel der maximal möglichen Dichte, aufgrund der drei Raumdimensionen enthält ein Würfel mit der Kantenlänge eines zehnfachen Atomdurchmessers etwa ein Gasteilchen. Würde man etwa ein Atom auf die Größe eines Apfels „aufblasen“, so befände sich in einem Würfel der Kantenlänge 70 cm im Mittel ein Atom (bei einem Apfeldurchmesser von 7 cm). Im Ultrahochvakuum müsste der Würfel eine Seitenlänge von etwa 30 km haben, um im Mittel einen Apfel (als Atommodell) zu enthalten. Derart reine Umgebungen lassen sich nur mit aufwändigen Pumpen erzeugen. Außerdem benötigen wir tiefe Temperaturen, um die winzigen Kräfte, die durch Elektronenspins verursacht werden messen zu können. Das Innere der Ultrahochvakuumkammer in Abbildung 1 ist auf -269°C abgekühlt. Die Kühlung erfolgt durch flüssiges Helium, welches in der Fakultät für Physik der Universität Regensburg durch eine Heliumverflüssigungsanlage gewonnen wird.


Abbildung 1: Tieftemperatur-Ultrahochvakuumanlage mit eingebauten Rasterkraftmikroskop,
Pumpensteuerung (hinten) und Mikroskop-Steuerelektronik (rechts)

In dieser Anlage haben wir Nickeloxid untersucht. Nickeloxid ist ein sogenannter Antiferromagnet, das heißt, dass benachbarte Spins in den Nickelionen entgegengesetzt ausgerichtet sind. Die Nickeloxidproben werden in der Vakuumkammer gespalten, um eine saubere und glatte Oberfläche zu bekommen. Dann wird die Oberfläche durch die Sonde des Rasterkraftmikroskops abgetastet. Diese Sonde besteht bei uns aus einer von zwei Zinken einer Quarzstimmgabel, wie sie in handelsüblichen Quarzuhren verwendet werden. Eine Zinke der Stimmgabel wird fest geklebt, die andere trägt eine magnetische Spitze und kann frei schwingen.


Abbildung 2: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme der frei schwingenden Zinke eines Quarz-Kraftsensors. Am Ende (unten Mitte) befindet sich eine aufgeklebte Spitze aus ferromagnetischem Material, hier mit dem kräftigen Permanentmagneten Cobalt-Samarium.

Diese Spitze schwingt mit einer Schwingungsweite von deutlich weniger als einem Atomdurchmesser und spürt durch die Veränderung der Schwingungsfrequenz die wirkenden Kräfte.

Abbildung 3 zeigt das Bild, das der Sensor von Abbildung 2 von der Nickeloxidoberfläche erzeugt. Die grüne Profillinie zeigt, dass jedes zweite Nickelatom tiefer als der jeweils direkte Nachbar liegt. Der Grund liegt in der entgegengesetzten Drehrichtung (Spin) der Elektronen. Der Höhenunterschied beträgt lediglich einen Pikometer, also ein Milliardstel eines Millimeters – hohe Präzision ist also erforderlich. Die Rasterkraftmikroskopie erlaubt aber nicht nur die Abbildung von Oberflächen, sondern auch den Bau von Strukturen auf Oberflächen aus einzelnen Atomen. Die Atome können durch die Abtastspitze auf der Oberfläche an einen Ort freier Wahl verschoben werden. Interessant wäre hier der Bau von kleinstmöglichen Speicherelementen oder sogar Qbits – das sind quantenmechanische Speicherelemente die nicht nur Null und Eins als Schaltzustände kennen, sondern ein Kontinuum an Zuständen.

Viele der Ziele sind Zukunftsmusik, die Fortschritte in den letzten Jahren lassen allerdings hoffen, dass zum Ende der Förderperiode des Sonderforschungsbereiches wichtige weitere Schritte erreicht sein werden.


Abbildung 3: Austausch Rasterkraftmikroskopieaufnahme der NiO (001) Oberfläche (links).
NiO kristallisiert in einer NaCI-Struktur, wobei die roten Maxima den O-Ionen entsprechen
und die blauen Minima den Ni-Ionen. Die Profillinie rechts oben zeigt, dass jeder zweite Ni-
Ionenreihe etwa einen Pikometer tiefer zu sein scheint, als die benachbarte Ni-Reihe.
Dies liegt an der unterschiedlichen Spinorientierung, welche zu einer kleinen Änderung
in der Spitzen-Probenwechselwirkung führt. Das Fourier-Spektrum zeigt ebenfalls die
Überperiode durch zwei Peaks innerhalb der vier Hauptpeaks.

Nächster Termin unserer Vortragsreihe am 07.04.2016

Architektur + Technik

Referenten: Dipl.-Ing. Alexander Deutschmann, Nickl & Partner Architekten AG
Dipl.-Ing. Martin Zuckermaier, Duschl Ingenieure